Red Bull Wattlauf - Mein Erfahrungsbericht: lohnt es sich wirklich?
- Cindy Haase

- 17. Sept.
- 8 Min. Lesezeit
Bist du schon mal im Watt gelaufen und das auch noch gegen die Flut? Genau dieses Abenteuer habe ich beim ersten Red Bull Wattlauf erlebt. Von Cuxhaven-Duhnen bis zur Insel Neuwerk und wieder zurück, insgesamt 24,6 Kilometer durchs Watt. Klingt spannend? War es auch. Und wenn du nach einem besonderen Laufevent suchst, dann lies unbedingt weiter.

Warum ich beim Red Bull Wattlauf mitlaufen wollte?
Ein Lauf gegen die Gezeiten, das passt so gar nicht zu meinen üblichen Laufevents in den Bergen oder auf der Straße. Aber genau das machte den Reiz aus. Als ich die Ausschreibung zum allerersten Red Bull Wattlauf gelesen habe, war sofort klar: da will ich unbedingt dabei sein.
Allerdings stand auch deutlich drin: Wer teilnehmen will, sollte in der Lage sein, einen Halbmarathon unter zwei Stunden zu laufen. Denn die 12,3 Kilometer bis zur Insel Neuwerk mussten innerhalb von 90 Minuten geschafft werden, sonst war das Rennen vorbei. Bis zu meiner Anreise nach Cuxhaven war ich mir sicher, das schaffe ich locker. Doch je näher der Start rückte und je mehr ich mich mit anderen Läufer-/innen austauschte, desto größer wurden die Zweifel. Niemand wusste so recht, wie es sich wirklich auf Watt laufen würde. Und dann tauchte noch ein neues Wort auf "Priele". Das sind kleine Wasserläufe, die wir durchqueren mussten und die teils knietief sein sollten.

Was ist ein Priel?
Eine der größten Herausforderungen im Watt sind die Priele. Das sind kleine Wasserläufe, die sich wie Rinnen oder Flussarme durchs Watt ziehen. Sie entstehen, wenn sich bei Ebbe das Wasser seinen Weg zurück ins Meer bahnt. Manche sind nur wenige Zentimeter tief und leicht zu durchqueren, andere reichen bis an die Knie oder sogar höher. Für uns Läufer/-innen bedeutete das: volle Konzentration, Kräfte sparen und hoffen, dass die Schuhe nicht komplett im Schlick versinken.
Anreise nach Cuxhaven
Aber starten wir mal von ganz vorne. Die Anreise von München ans Meer ist schon ein Ritt. Mit dem Zug muss man etwas mehr als acht Stunden einplanen, inklusive Umstieg in Hamburg-Harburg. Mit dem Auto ist man kaum schneller unterwegs und Fliegen lohnt sich hier kaum. Ich entschied mich also für die Zugreise, praktisch, da ich unterwegs arbeiten konnte, ohne einen Urlaubstag zu opfern. So reiste ich sehr früh am Freitagmorgen nach Cuxhaven und blieb für drei Nächte, mit der Rückreise am Montag. Zum Glück begrüßte mich Cuxhaven mit Sonnenschein, während in München Regen herrschte. Ein perfekter Auftakt für mein spannendes Wochenende an der Nordsee. Das wunderbare Wetter begleitete mich die ganzen Tage über.

Startnummer Abholung und Start- und Ziel
Die Startnummer konnte sowohl am Samstag vor dem Rennen als auch am Renntag selbst abgeholt werden. Die Ausgabe fand direkt neben dem Start- und Zielbereich in der Beach-Arena von Cuxhaven-Duhnen statt. Im Starterbeutel warteten auf uns Läufer/-innen die Startnummer, ein Eventshirt und eine Dose Red Bull als kleine Motivation vor dem großen Abenteuer. Aber es gab eigentlich durchweg am Samstag und am Sonntag verschiedenste Red Bull Getränke in der Ausgabe, sodass man jederzeit aufgefüllt war. Die Anmeldung für den Lauf kostete 69,- Euro. Wer sich frühzeitig registrierte, kam günstiger davon.
Kurz vor dem Start am Sonntag gab es dann ein verpflichtendes Briefing, in dem alle wichtigen Infos noch einmal erklärt wurden, von der Orientierung im Watt über das Zeitlimit bis hin zu Sicherheitshinweisen. So wusste jede/r genau, was zu beachten war, bevor wir auf die Strecke gingen.

Orientierung im Watt - So findest du deinen Weg
Die Laufstrecke verläuft mitten durchs Watt und ist auf eine ganz besondere Weise markiert. Pricken weisen den Weg. Das sind in den Boden gesteckte, besenartige Holzstäbe, die traditionell zur Orientierung im Wattenmeer genutzt werden. Wir Läufer/-innen wurden vorab instruiert, immer rechts neben den Pricken zu bleiben. Wer links lief, signalisierte damit, dass er oder sie Hilfe benötigt. Zusätzlich gab es Distanzmarkierungen bei Kilometer 3, 5, 7, 9, und 11,5. Hilfsstationen befanden sich bei Kilometer 3, 5, 7 und 9, dort gab es bei Bedarf medizinische Hilfe. Da die Strecke als Rundkurs konzipiert war, waren die Markierungen und Hilfstationen auf dem Rückweg identisch.

Watt ein einzigartiges Naturschutzgebiet
Das Wattenmeer ist viel mehr als nur aus Schlick, Sand und Priele. Es ist ein streng geschütztes Naturschutzgebiet und Teil des UNESCO-Weltnaturerbes. Hier leben unzählige Tier- und Pflanzenarten, viele davon selten oder sogar bedroht. Zugvögel nutzen das Watt als Rastplatz auf ihren langen Reisen, während winzige Bodenorganismen die Grundlage für das gesamte Ökosystem bilden.

Beim Red Bull Wattlauf galt deshalb strenge Müllvermeidung. Energygels oder -riegel durften nur in Mehrwegverpackungen mitgenommen werden. Wer sich nicht daran hielt, riskierte die sofortige Disqualifikation. Ich verzichtete komplett auf eigene Verpflegung und vertraute auf die VP auf der Insel Neuwerk. Das reichte an diesem Tag auch völlig aus. Allerdings muss man klar sagen, an wärmeren Tagen hätte die Versorgung dort sicher nicht gereicht und wäre dann nur mit zusätzlicher Selbstversorgung ratsam.

Ebbe und Flut - was das Watt so besonders macht
Das Wattenmeer lebt vom Rhythmus der Gezeiten. Bei Ebbe zieht sich das Wasser zurück, der Meeresboden wird freigelegt. Genau dann ist es möglich, zu Fuß nach Neuwerk zu laufen. Bei Flut kommt das Wasser zurück und überflutet den gesamten Bereich wieder. Dieser Wechsel passiert hier etwa alle sechs Stunden und macht das Watt zu einem dynamischen, einzigartigen Erlebnis. Für uns Läufer-/innen bedeutete das: Wir hatten ein klares Zeitfenster. Wer zu spät dran war, der wurde entsprechend aus dem Rennen genommen. Ein Wettlauf gegen die Naturgewalten also, zusätzlich zur körperlichen Herausforderung.
Flos schnelle Wattlauf-Tipps
Auf der Webseite von Red Bull und auch beim Briefing gab es wertvolle Tipps. Und niemand Geringeres als Florian Neuschwander, dem Sieger des ersten Red Bull Wattlaufs, hat seine Erfahrungen vorab geteilt. Kurz und knapp in meinen Worten:
Schuhe: Leichte Trailschuhe mit gutem Profil, aber nicht wasserdicht. So läuft das Wasser einfach durch. Und doppelte Schuhbindung.
Fußpflege: Füße mit Vaseline einreiben, damit Sand und Salz keine Blasen verursachen (ich hatte pjur active verwendet)
Training: vorher mal mit nassen Schuhen laufen, z.B. durch Pfützen oder kleine Bäche.
Pacing: nicht zu schnell starten, der Rückweg durchs Watt ist oft härter.
Ausrüstung: Sonnenbrille, Mütze und Sonnencreme einpacken, Küstenwetter kann alles
Mentales: Kopf frei bekommen, die Landschaft genießen, den Leuchtturm auf Neuwerk als Ziel vor Augen haben.
Spaß: Trotz Anstrengung das Erlebnis feiern, genau darum geht es.

Start in Duhnen - Laufen im Watt beginnt sofort nass
Der Startschuss am Strand von Cuxhaven-Duhnen war bestens gewählt. Ich wollte gern in Startwelle A, durfte aber nicht, also stand ich in der ersten Reihe der Welle B. Fast genauso gut. Als es losging, rannten wir alle gemeinsam an, doch schon nach wenigen Schritten waren die Füße nass. Laufen im Watt bedeutet: Wechselnder Untergrund, Schlick, Sand, Muscheln und Mulden. Dazu kamen die Priele, die wir durchqueren mussten. Manche waren so tief, dass wir ziemlich im Wasser standen. Ich hatte definitiv mit weniger Wasser gerechnet. Jeder Schritt forderte Konzentration, denn ein falscher Schritt führte recht schnell zum Umknicken. Das Laufen im Wasser war unglaublich anstrengend, teilweise konnte ich meine Beine kaum noch heben. Wurde es zu tief, wechselten wir automatisch in den Gehmodus.

Die Kilometer vergingen nicht so schnell, wie ich gedacht hatte. Die ersten beiden Kilometer liefen sich noch flüssig, aber danach stieg der Kraftaufwand enorm. Ich musste mein Tempo deutlich reduzieren. Statt der angekündigten zwei Priele fühlte es sich an, als würden wir ständig durchs Wasser laufen. Es nahm einfach kein Ende. Die immense Wassermenge hat uns alle überrascht. Denn beim Start war die Flut zwar am Ablaufen, aber offenbar noch nicht weit genug zurückgewichen.

Zum Glück war die Strecke durch die Pricken (Holzstäbe) klar markiert und die Traktoren mit Hilfsstationen standen zuverlässig an den angekündigten Stellen. Angst musste niemand haben. Die Sicherheit war jederzeit gewährleistet. Ein besonderes Bild bot sich bei Kilometer 10: Florian Neuschwander, der spätere Sieger, kam uns da bereits ziemlich entspannt auf dem Rückweg entgegen. Wir hatten noch zwei Kilometer bis zur Insel.
Leuchtturm von Neuwerk - ein geschichtsträchtiger Wendepunkt
Der Leuchtturm von Neuwerk ist wirklich etwas Besonderes. Er wurde bereits 1310 erbaut, ursprünglich als Wehr- und Zufluchtsburg, um die Elbmündung zu sichern. Erst viel später bekam er seine Funktion als Seezeichen für die Schifffahrt. Mit fast 700 Jahren ist der Turm auch das älteste Gebäude Hamburgs und gleichzeitig ist Neuwerk offiziell ein Stadtteil von Hamburg. Kaum zu glauben, dass man hier draußen im Watt eigentlich noch auf Hamburger Stadtgebiet steht.
Heute kann man den Turm besichtigen und auch hinaufsteigen. Von oben bietet sich ein einmaliger Blick aufs Watt, die Insel und die Nordsee. Für uns Läufer/-innen war der Leuchtturm von Neuwerk beim Red Bull Wattlauf der markante Wendepunkt.

Wendepunkt auf Neuwerk und der Rückweg nach Duhnen
Nach 01:16 Stunden erreichte ich die Insel und passierte den Wendepunkt knapp unter 01:20 Stunden. Man musste gut aufpassen, nicht zu viel Zeit an der Verpflegungsstelle zu verlieren, denn die Zeitkontrolle erfolgte erst am Leuchtturm selbst. Dort holten wir uns ein Kontrollbändchen als Beweis, dass wir auf der Insel waren. Ich war überglücklich, dass Zeitlimit geschafft zu haben und wieder zurücklaufen zu dürfen.
An der VP trank ich mehr Wasser als sonst und stopfte mir zwei Riegel rein. Nach etwa 01:25 Stunden verließ ich die Insel und machte mich auf den Rückweg durchs Watt. Dieser war von deutlich weniger Wasser bedeckt, da sich das Meer inzwischen weiter zurückgezogen hatte. Dadurch konnten wir insgesamt besser durchlaufen, doch dafür blies uns jetzt kräftiger Gegenwind entgegen. Ich merkte, dass ich auf der ersten Hälfte schon einiges an Kraft gelassen hatte und spürte weniger Energie. Trotzdem: Im Rennen gebe ich immer alles. Unterm Strich war ich auf der zweiten Hälfte etwa vier Minuten schneller. Nicht die Welt, aber immerhin.

Besonders die letzten fünf Kilometer liefen sich erstaunlich gut, da zog es mich einfach ins Ziel. Ich überholte noch einige Läufer-/innen. Laut Ergebnisliste verließ ich Neuwerk als 29. Frau und kam schließlich als 22. Frau ins Ziel. Ein gutes Zeichen, dass meine Krafteinteilung am Ende gar nicht so schlecht war.
Endspurt und Zieleinlauf
Nach 02:36.20 Stunden (Bruttozeit) erreichte ich das Ziel nach 24,6 Kilometern und empfand Freude es geschafft zu haben. Es war ein wunderbares Erlebnis, einmal quer übers Watt bis auf eine Insel gelaufen zu sein. Das kann schließlich nicht jeder von sich behaupten. Die Stimmung im Zielbereich war ausgelassen und toll.

Nachdem wir noch etwas Zeit im Zielbereich genossen hatten, ging es zurück ins Hotel, mit einem Stopp bei unserem neuen Lieblings-Fischkiosk für ein wohlverdientes Fischbrötchen. Danach brachte ich meine Reisebegleitung Sonja zum Bahnhof, während ich selbst erst am nächsten Tag zurück nach München reiste. Abends traf ich noch zwei Lauffreunde, Olli und Toni, natürlich wieder zum Fischessen. Was isst man sonst an der Nordsee? Belohnt wurden wir mit einem weiteren traumhaften Sonnenuntergang.

Fazit: Meine Erfahrung beim Red Bull Wattlauf
Ich habe die Tage in Cuxhaven sehr genossen: viel Fisch essen, wunderschöne Sonnenuntergänge, tolle Laufbegegnungen und ein super organisierter Red Bull Wattlauf. Der Wattlauf ist ein besonderes Lauferlebnis, das ich jedem empfehlen kann, der mal etwas anderes als ein normales Laufevent sucht. Hier kommen Erlebnis, Abenteuer und Anstrengung in einem Event zusammen. Und trotzdem ist es für alle machbar.

Soweit ich informiert bin, haben nur rund 20 Läufer/-innen das Rennen nicht innerhalb der Zeit oder aus einem anderen Grund beenden können. Bei etwa 500 Teilnehmenden entspricht das gerade einmal vier Prozent, völlig normal für eine solche Herausforderung.
Wenn du also Lust auf ein Rennen hast, bei dem es nicht um Bestzeiten geht, sondern um das Erlebnis in der Natur und du vielleicht gleich noch ein paar Tage an der Nordsee verbringen möchtest, dann ist der Red Bull Wattlauf absolut eine Reise wert. Und wenn du in der Region sowieso schon lebst, dann ist das Event umso mehr eine Empfehlung.
Ach ja, wir haben es sogar in das Cuxhavener Tageblatt mit einem Foto von uns geschafft. Ein kleines Extra-Highlight zum Abschluss.







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