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Niesen-Treppenlauf - das Härteste, was ich seit langem gemacht habe

  • Autorenbild: Cindy Haase
    Cindy Haase
  • 17. Juni
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 18. Juni

Wie alles begann


Es war einer dieser Freitage, an denen ich wie so oft mit der Sunrise Strider Laufgruppe unterwegs war. Beim Cappuccino danach kam plötzlich das Thema "Niesen-Treppenlauf"  auf. Ich bin sofort hellhörig, die längste Treppe der Welt und einmal im Jahr darf man sie tatsächlich zu Fuß erklimmen. Normalerweise ist sie für die Öffentlichkeit gesperrt. Das klang für mich sofort nach einem Abenteuer, das ich mir nicht entgehen lassen wollte. Schon der Hinweis in der Ausschreibung sprach mich an: "Wichtig: Wer teilnimmt, muss fit und trainiert sein."  klingt nach Cindy, oder? 


Niesen-Treppenlauf - Startplatz und Anreise

Der Weg zum Startplatz


Zunächst galt es aber, einen Startplatz zu ergattern. Denn die Anmeldung öffnet immer im Januar und ist limitiert. Wer sich registriert, muss ein paar Wochen warten, ob er oder sie tatsächlich dabei ist. Im Februar hatte ich dann tatsächlich Losglück und bekam einen der begehrten Startplätze für den 22.Niesen-Treppenlauf am 14.06.2025. Die Freude war riesig, aber schnell wich sie einem gewissen Unbehagen. Denn das Leben kam dazwischen, das Training dafür kam zu kurz und Treppen? Fehlanzeige. Und schneller als gedacht, war plötzlich schon Juni und damit Wettkampftag. 


Zweifel vor dem großen Tag


Eine Woche vor dem Lauf hatte ich echte Zweifel. Ich schwitzte schon beim Gedanken an den Aufstieg und das Zeitlimit, spielte mit dem Gedanken, die Unterkunft zu stornieren und auf den Start zu verzichten. Ich war nah dran. Aber dann dachte ich: Cindy, du hast schon so viele Herausforderungen geschafft, jetzt gibst du dir wenigstens die Chance, es zu versuchen. 


Am Freitagnachmittag machte ich mich also auf den Weg ins Berner Oberland in die Schweiz, rund 500 Kilometer und gut fünfeinhalb Stunden Fahrt ab München. Meine Unterkunft: Der Gasthof Engelberg im Scharnachtal mit Blick auf den Niesen. Ich kam spät an und war entsprechend müde, bevor das eigentliche Abenteuer am nächsten Morgen überhaupt begann. 


Gasthof Engelberg mit Blick auf den Niesen

Die Nacht war unruhig. Um 5 Uhr klingelte der Wecker, Garmin zeigte eine Trainingsbereitschaft von 7 und empfahl mir einen Erholungstag, Motivationsboost geht anders. Der Respekt vor der längsten Treppe der Welt war groß. 


Die längste Treppe der Welt


Die Niesen-Treppe gilt mit 11.674 Stufen als längste Treppe der Welt und ist offiziell im Guinness-Buch der Rekorde vermerkt. Sie führt entlang der Gleise der Niesenbahn von der Talstation in Mülenen bis zur Bergstation nahe dem Niesen Gipfel auf 2.362 Metern Höhe. Die Strecke ist 3,4 Kilometer lang, 1.669 Höhenmeter sind zu bewältigen.


Die längste Treppe der Welt

Gebaut wurde die Treppe ausschließlich für betriebliche Zwecke, als Notfallzugang sowie für Wartungsarbeiten. Deshalb ist das Betreten strikt untersagt. Wer sie unerlaubt betritt, riskiert sogar eine saftige Strafe. Nur einmal im Jahr, beim offiziellen Niesen-Treppenlauf, wird sie für eine begrenzte Zahl an Teilnehmer/-innen geöffnet: freitags für Staffel-Teams, samstags für Einzelläufer/-innen. Die Steigung? Teilweise bis zu 68 Prozent.  


Der Niesen-Treppenlauf im Überblick 


Von meiner Unterkunft zur Talstation Mülenen waren es nur zehn Minuten mit dem Auto. Es gibt direkt an der Bahnstation ausreichend Parkplätze (Stand Juni 2025: 5 CHF für 5 Stunden / 8 CHF für ein Tagesticket über die Parkuhr). Wer kein Bargeld in der Tasche hat, kann ein Parkticket direkt am Schalter der Niesenbahn erwerben, allerdings nur das teuere Tagesticket. Die erste Hürde war also geschafft.


Die Startunterlagen konnte man direkt neben der Niesenbahn abholen, das ging zügig. Laut Veranstalter waren für Freitag und Samstag insgesamt 550 Läufer/-innen gemeldet - überschaubar also. Vor allem Schweizer/-innen standen am Start, aber auch 49. Deutsche und insgesamt Teilnehmende aus 22 Nationen. Beim Einzellauf am Samstag gingen 341 Läufer und Läuferinnen ins Rennen. 


Startunterlagen für den Niesen-Treppenlauf bekommt man direkt neben der Niesenbahn

Wer mit der Bahn anreist, hat es ebenfalls einfach (z.B. aus Spiez oder Frutigen). Der Bahnhof in Mülenen liegt direkt neben der Niesenbahn. Die Startunterlagen mussten zwischen 06:00-06:45 Uhr abgeholt werden. Persönliche Sachen für den Zieltransport mussten bis spätestens 06:40 Uhr abgegeben werden.


Niesen-Treppenlauf: alle zwanzig Sekunden werden jeweils vier weitere Läufer/-innen auf die Strecke geschickt

Der Start der ersten Läufer war um 07:30 Uhr. Danach wurden alle zwanzig Sekunden jeweils vier weitere Läufer/-innen auf die Strecke geschickt. Es existieren ambitionierte Zeitlimits: Die Durchgangszeit für die erste Etappe zur Mittelstation Schwandegg (2,1 km, 976 HM) muss in maximal 70 Minuten erfolgen. Wer es nicht schafft, wird aus dem Rennen genommen. Der zweite Kontrollpunkt liegt oberhalb des Hegere-Tunnels, hier muss man spätestens um 09:50 Uhr durch sein, um in die Wertung zu kommen. 


Mein Start: Zwischen Puls, Pausen und Panik


Mein Start war um 07:40 Uhr, als erste Läuferin meiner Vierer-Gruppe. Die ersten 100 Meter waren noch flach, ich lief locker los, überquerte den Fluss Kander unter uns und es gab noch keine Treppenstufen. Ich überholte sogar direkt die Gruppe vor uns, bevor es dann sofort steil wurde. Sofort gingen alle in den Gehschritt über. Mein Puls stieg schnell und Hitze (es war ein sehr heißer Tag) machte mir zu schaffen.  


Nach 28 Minuten hatte ich die ersten 465 Höhenmeter abgehakt und das war schon brutal. Nach der ersten halben Stunde nahm ich ein Gel, war dringend nötig. Der erste Abschnitt bis zur Mittelstation Schwandegg mit dem 70 Minuten Zeitlimit war mental eine absolute Herausforderung. Ich rechnete ständig im Kopf: Wieviel Zeit bleibt mir noch? Wieviele Stufen pro Minute? Wie hoch ist eine Stufe überhaupt? Die Stufen waren unterschiedlich, mal niedrig, mal wahnsinnig hoch, oft uneben oder aus Gitterrost. Das brachte meinen Rhythmus immer wieder durcheinander und machte meine Beine schwer. 


Mein Start beim Niesen-Treppenlauf: Zischen Puls, Pausen und Panik

Ich fühlte mich auf diesem Abschnitt körperlich und mental nicht gut. Mein Puls war am Anschlag, ich musste mehrmals kurz pausieren. Die Treppe ist eng, überholen anstrengend. An der ersten Getränkestation wurde ich von einem Helfer kritisch beäugt, ich sah wohl nicht gerade frisch aus. Ich gönnte mir dort eine längere Pause, mein Kopf war etwas schwindelig.


Zurück ins Vertrauen


Ich erreichte das erste Zeitlimit mit 63:43 Minuten nach sehr schwerfälligen 979 Höhenmetern. An der Mittelstation Schwandegg war der zweite Verpflegungspunkt, ich trank viel Wasser und zog mein durchnässtes Shirt aus. Ich war völlig überhitzt. 


Ich erreichte das erste Zeitlimit (Mittelstation Schwandegg) mit 63:43 Minuten

Doch ab da kam mein Mut zurück. Ich wusste: Das Ziel ist machbar. Das Leiden ging zwar weiter, aber ich konnte den zweiten Abschnitt etwas genießen, mal hinter mich blicken und die Aussicht bewundern. Auch mein Lächeln kehrte wieder zurück. Die letzten knapp 700 Höhenmeter empfand ich sogar als etwas leichter, vielleicht weil die Hälfte schon geschafft war, vielleicht, weil der Kopf jetzt freier war. Das ausgezogene Shirt half sehr gegen die Überhitzung.


Nach weiteren 50 Minuten kam ich an der Bergstation an. Die letzten Meter bis ins Ziel oberhalb der Station sind laufbar und ich konnte tatsächlich ins Ziel reinlaufen. Der Zieleinlauf war sehr schön, die Aussicht ein Traum und die Zuschauer sorgten für Stimmung. Nach 1:57:00 Stunden war es "vorbei" - die härteste Herausforderung seit Langem. In meiner Altersklasse wurde ich 33. Frau und bin einfach nur stolz, es durchgezogen zu haben. 


Ziel Niesen: Nach 1:57:00 Stunden war es "vorbei" - die härteste Herausforderung seit Langem.

Wenn du nach einem besonderen Lauf suchst, der dich wirklich fordert, körperlich wie mental, dann hiermit gesagt, setz den Niesen Treppenlauf auf deine Bucket List.


Fazit zum Niesen-Treppenlauf: Mehr als nur ein Treppenlauf


Wer denkt, man könnte beim Niesen-Treppenlauf locker hochtrotten oder gar laufen, wird schnell eines Besseren belehrt. Schon nach wenigen Metern ist klar: An Laufen ist kaum zu denken und es geht ums Durchhalten. Die Stufen sind unterschiedlich hoch, oft uneben, mal aus Stein, mal aus Gitter. Der Puls schnellt schnell nach oben und überholen ist kräftezehrend. Für mich war der Zeitdruck das Schwierigste, ich wollte mir die lange Anreise mit dem Finish belohnen. Doch genau das setzte mich wahnsinnig unter Druck und kostete viel mentale Energie.  


Fazit zum Niesen-Treppenlauf: Mehr als nur ein Treppenlauf

Ansonsten ist dieser Lauf einmalig. Es war ein echtes Abenteuer, ein Wochenende in der Schweiz, eine Erfahrung fürs Leben. Einmal im Leben die längste Treppe der Welt zu erklimmen, das klingt nicht nur spektakulär, das ist es auch. Ich bin sehr froh, dass ich es gemacht habe. Und ja: Ich kann den Lauf absolut empfehlen. Aber bitte nehmt den Hinweis des Veranstalters ernst: "Wer teilnimmt, muss fit und trainiert sein." Das Zeitlimit ist definitiv nichts für Genussläufer.


Beim Niesenlauf geht es nicht um Pace oder Bestzeiten, es geht um mentale Stärke. Um diesen Moment, in dem du denkst: „Ich kann nicht mehr“ und trotzdem weitergehst. Und irgendwann merkst: Dein Kopf ist stärker als deine Beine.

Habe ich dir Lust gemacht, dieses Abenteuer selbst anzugehen? Dann erzähl mir gern in den Kommentaren davon.


Beim Niesenlauf geht es nicht um Pace oder Bestzeiten, es geht um mentale Stärke

 
 
 

4 Comments


Marcel
Jun 29

Manno manno mann, die Schweizer. Man glaubt es nicht, aber krasses Abenteuer. Bin gespannt was als nächstes kommt


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Cindy
Jun 30
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Schnalstal Alpine Trail, das wird ein harter Aufstieg :)


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Oli
Jun 29

Respekt! Da hast du ja wieder mal einen rausgehauen :-)

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Cindy
Jun 30
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Vielen Dank lieber Oli, LG, Cindy

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